Lange war Reisen nicht unbeschwert möglich. Auch wir mussten unsere geplante Fahrt nach Portugal immer wieder verschieben. Aber das Fernweh blieb. Gerne lade ich euch ein, am Abenteuer gegen den Blues teilzunehmen. Als Hintergrund diente der Fotokalender Portugal 2020 und 2021 vom Korsch -Verlag und so entstand eine monatliche Fotostecke. (Bild oben Kreuzgang im Hieronymitenkloster, Belem, Lissabon, Dezember 2021)
Auch wenn die Reise nach Portugal diesen Sommer immer noch ungewiss ist, die warmen Sommerabende auf sich warten lassen, ich ein Leben leben muss, wie ich es nie frei gewählt habe und mir die Normalität fehlt, mache ich mehr von dem, was mir im Augenblick gut tut und nehme mir bewusst Zeit, für meine Bedürfnisse.
Was werde ich wohl denken, wenn ich in zwei oder fünf Jahren zurückblicke auf diese Zeit, die alles auf den Kopf stellt? Wie werde ich mich sehen? Was wird mein Teil gewesen sein bei der Bewältigung dieser Krise?
Auch wenn ich das Gefühl habe, dass meine kulturelle Seite verkümmert, weil alle Museen, Ausstellungen und Galerien geschlossen waren, Theater und Konzerte abgesagt wurden und die virtuellen Museumsbesuche nicht wirklich befriedigen, weil der Geruch der Farbe und die Plastizität der Formen fehlt, ist es ein Lichtblick, dass im März die Museen wieder öffnen dürfen.
Auch wenn mir im Alltag manchmal das Gefühl von Stimmigkeit und Orientierung verloren geht, ist es gut, wenn ich die Leuchttürme in meinem Leben kenne. Dadurch kann ich Klippen und Felsen umschiffen und einen sicheren Hafen finden. Darum sehe ich mich besonders in sonnigen Zeiten immer wieder nach Leuchttürmen um und frage mich, welchem Licht ich folgen und vertrauen will. So bin ich vorbereitet für stürmischere Zeiten.
Auch wenn ich mit der Familie, Freunden oder Kollegen keine Feste feiern kann, plane ich in Gedanken eine rauschende Feier. Eine Gästeliste für einen Geburtstag, eine Rede für ein Jubiläum, ein Buffet für ein Sommerfest, eine Verkleidung für ein Happening. Und ich freue mich darauf, wenn es endlich soweit ist.
Auch wenn es mich sehr viel Überwindung kostet, weil ich meinen gewohnten Sport im Moment nicht ausführen kann, bleibe ich trotzdem irgendwie in Bewegung.
So wie die nostalgische Strassenbahn in Lissabon tagein, tagaus, die Hügel zur Alfama hoch tuckert, so kann ich in nostalgischen Erinnerungen schwelgen. Ich kann mir Fotos von vergangenen Reisen ansehen, sie ausdrucken oder ein Fotobuch gestalten. So kann ich mit guten Gefühlen dem tristen Alltag trotzen.
Auch wenn wir noch einen weiten Weg vor uns haben und es manchmal kein Geländer zum Festhalten gibt, gehe ich ihn Schritt für Schritt.
Auch wenn der Horizont im Moment unerreichbar scheint, weiss ich, dass sich die Zeiten wieder ändern werden.
Auch wenn im Augenblick alle Restaurants geschlossen sind, ein Plätzchen für ein Picknick findet sich überall.
Auch wenn rundherum alles geschlossen ist, kann ich meine kreative Seite neu entdecken, oder meiner kindlichen Seite freien Lauf lassen. Für welche Beschäftigungen oder Hobbys hatte ich bisher keine Zeit, habe ich vernachlässigt oder vergessen. Was lässt sich auch “ums Haus herum” umsetzen? Es muss nicht immer Sinn machen, manchmal reicht es auch, wenn es einfach nur Spass macht.
Auch wenn ich dort im Moment nicht hinkomme, kann ich eintauchen in fremde Welten. Ich kann mir Bücher aus der Bibliothek ausleihen, mir Gegenden auf Google Maps anschauen oder eine fremde Sprache lernen. Ich kann fremdsprachige Podcasts anhören, auch wenn ich kein Wort verstehe, nur um den Sprachklang zu geniessen. Ich kann im Internet ein typisches Rezept aus der Gegend suchen und es nachkochen. Das bringt Abwechslung in den Corona -Alltag und schafft Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben.
Auch wenn ich nicht weit reisen kann, kann ich die Gegend in meiner Nähe erkunden und mein Augenmerk auf die Details richten. Um neuen Dinge zu entdecken muss man nicht zwingend in die Ferne schweifen. Man nimmt anderes wahr, wenn man langsamer reist.
Auch wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, gönne ich mir eine Gedankenreise und lasse meiner Phantasie freien Raum:
“Abends am Strand in der Sonne zu sitzen, ist der beste Augenblick um loszulassen und neu zu beginnen. Ich nehme mir einen Moment Zeit, um meinen Körper zu spüren, nehme die Füsse wahr, die den warmen Sand berühren, die warmen Fliessen auf denen ich sitze, ich fühle den Kontakt mit der Erde. Ich rieche die salzige Luft, spüre den Wind auf der Haut, höre das Geschrei der Möwen. Jetzt, im gegenwärtigen Augenblick, bin ich wach, lebendig. Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge und lasse los.
Dann lade ich mich dazu ein, darüber nachzudenken, morgen beginnt ein neuer Tag, alles ist möglich. Was heute war, ist vorbei, es liegt in der Vergangenheit, was immer geschehen ist, es ist vorbei, so wie die Wellen die Spuren am Strand ins Meer spülen, immer und immer wieder.
Morgen haben wir die Möglichkeit neue Spuren in unserem Leben zu hinterlassen . Zu atmen, zu lächeln und uns auf unsere Werte zu besinnen, die uns leiten. Es ist ein Geschenk, die Möglichkeit ein sinnvolles Leben zu leben. Ich bin neugierig, wohin mein Weg mich führen wird. Ich gehe ihn mit Offenheit und Lebendigkeit. Viel Glück auch auf Ihrem Weg.”
Auch wenn ich mich wie ein Hamster im Rad fühlen, kann ich die Perspektive verändern. Ich kann über die Dächer blicken und das Geschehen aus der Vogelperspektive betrachten. Das erlaubt mehr Distanz zu allem und schafft Raum zwischen mir und dem, was gerade geschieht. Dieser Raum gehört mir allein und ich kann ihn persönlich füllen und gestalten.
Auch wenn nichts mehr so ist, wie es mal war, kann ich die Zeit nutzen, mir über meine eigenen Wertvorstellungen klar zu werden. Was ist mir wirklich wichtig, auf was könnte ich verzichten. Ich kann meine liebgewonnen Gewohnheiten und lästigen Abhängigkeiten hinterfragen.